Schenklengsfeld unterm Hakenkreuz

Eine neue Zeit
Ein Bericht der Hersfelder Zeitung vom 29. August 1934
Die neue Zeit, die über unser Vaterland hereingebrochen ist, macht sich auch in Schenklengsfeld bemerkbar. Unter Führung des neuen Gemeindeschulzen Busch, der seit März vorigen Jahres seines Amtes waltet, hat bald eine rege Arbeitsbeschaffung eingesetzt. Da ist vor allem die Bautätigkeit zu erwähnen. In der Hauptsache waren es naturgemäß die so genannten Zuschussbauten. Man hat hier in Schenklengsfeld viele An- und Umbauten durchgeführt. Aber auch Neubauten sind entstanden, so ein Einfamilienhaus und ein Industriebau. Als Notstandsarbeit wurde die Regulierung des Solzbaches in Angriff genommen. Die restlichen Arbeiten sollen jetzt wieder aufgenommen werden. Es handelt sich noch um etwa 850 Tagewerke.
Weiter wurden die Quellen der 1914 erbauten Wasserleitung, die damals nicht ganz zweckentsprechend gefasst wurden und infolge dessen versandeten, tiefer gelegt. Wie notwendig diese Maßnahme war, zeigt die Tatsache, dass die tägliche Wasserförderung in der trockenen Jahreszeit bis auf 41 Kubikmeter gesunken war. Jetzt beträgt die normale Förderung 200 Kubikmeter. Selbst in diesem trockenen
Sommer sank sie nur bis auf 100.
Eine größere Arbeit ist jetzt im Gange. Die Herrenstraße wird vom Ortseingang von Hilmes her bis zur Abzweigung Hersfeld-Weißenborn kanalisiert und gepflastert. Bei dem alten Amtsgerichtsgebäude, wo die Straße sehr schmal wird, wird diese dadurch verbreitert, dass man von dem in die Straße hineinreichenden Gebäude einen Teil des Erdgeschosses wegnimmt und das Haus dann in der entsprechenden Breite auf Säulen setzt. Schenklengsfeld wird durch diesen Arkadenbau um eine Sehenswürdigkeit reicher. Gleichzeitig wird auch die von Konrode kommende Straße bis zum Hause von Dr. Klein kanalisiert und neu hergerichtet. Beide Straßen werden auch zum Teil mit Bürgersteigen versehen.

Auch die schöne alte Kirche erfährt gegenwärtig in ihrem Innern eine durchgrei-
fende Erneuerung. Die Kosten sind auf 3500 Mark veranschlagt. Nach Fertigstellung der Arbeiten wird die Kirche ein neues schönes Gesicht zeigen. Bekanntlich ist vor einiger Zeit schon eine Warmluftheizung eingebaut worden. Bei der dabei notwendig gewesenen Ausschachtung eines Kellers war man auf zwei Gräber gestoßen. Die Gebeine hat man an anderer Stelle wieder beigesetzt.

Das sinnvolle Gefallenendenkmal, dass man auf einer Anhöhe vor dem hochgelegenen Friedhof errichtet hat, erregt immer wieder die Bewunderung aller Fremden. So wird augenblicklich in Schenklengsfeld sehr viel geschafft. Das Ortsbild erfährt manche wertvolle Verschönerung.

Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers sind hier die Arbeitslosen bald verschwunden. Es sei denn, dass dann, wenn eine Arbeit fertig ist, der eine oder andere einmal zwei oder drei Tage feiern muss. Das bedeutet aber nichts gegenüber den früheren trostlosen Verhältnissen.

Bild links: Blick von der alten Schule, die Herrenstraße, jetzt Landecker Straße um 1930. Links das Haus Stang/Daube (genannt Boarkettches, von Barbara-Katharina abgeleitet), rechts das Amtsgericht, heute Rathaus. In der Mitte die alte Solzbrücke und im Hintergrund die vorstehende Amtsmauer.
Erstaunt ist man darüber, dass es in einer so großen Gemeinde wie Schenklengsfeld neben vielen kleinen Landwirten nur sechs Erbhofbauern gibt. Hier wird sicher im neuen Staat noch eine Wandlung in Hinsicht auf eine Vergrößerung des selbständigen Bauerntums erfolgen.
Ein sehr großer Teil der Volksgenossen in Schenklengsfeld findet seinen Haupterwerb als Industriearbeiter im Kaligebiet oder bei anderen Unternehmungen.
Was die Zahl der Bevölkerung betrifft, so ist diese nach einem vorübergehenden Stillstand erfreulicherweise wieder im Wachsen begriffen. Sie beträgt gegenwärtig 1137 Einwohner.

Die Schule hat vier Klassen mit durchschnittlich 48 bis 56 Kindern. Zwei Klassenräume wurden übrigens unlängst erneuert.
Schenklengsfeld als Ort mit vielen Sehenswürdigkeiten und dem Landecker in unmittelbarer Nähe, war schon immer das Ziel zahlreicher Wanderer, die auch gern in eine der freundlichen Gaststätten zu längerer oder kürzerer Rast einkehrten.
Während der traurigen Nachkriegszeit hat dieser Verkehr ja leider immer mehr nachgelassen, aber es steht zu erwarten, dass er mit dem Aufbau des neuen Reiches und der Festigung der wirtschaftlichen Verhältnisse wieder wächst. Eine der größten Sehenswürdigkeiten ist ja die alte Linde, die von den Schenklengsfeldern mit Recht wie ein teueres Kleinod gehütet wird. Erst jetzt mussten wieder die Stützen verbessert werden und der knorrige Stamm erhielt eine Zementplombe.
Eine Tatsache darf auch nicht vergessen werden, die der Gemeinde Schenklengsfeld einen besonderen Platz in der Geschichte der NS-Bewegung im Kreise Hersfeld einräumen wird. Schenklengsfeld kann für sich den Ruhm in Anspruch nehmen, die älteste Ortsgruppe im Kreise Hersfeld zu besitzen. Sie wurde schon 1925 von dem jetzigen Landesbauernführer Walther Seidler ins Leben gerufen.

Walther Seidler (* 24. Februar 1897 in Kassel; † 15. Januar 1951 ebenda) war ein deutscher Landwirt, NSDAP-Politiker und SA-Führer. Seidler nahm am Ersten Weltkrieg als Frontsoldat teil, und wurde mit einer Reihe von Auszeichnungen dekoriert. Mit Kriegsende hatte er den militärischen Rang eines Leutnants. 1920 nahm er seinen Abschied vom Militär und wurde Landwirt in Landershausen bei Schenklengsfeld.
Am 24. Februar 1925 gründete Seidler mit Gesinnungsgenossen die NSDAP-Ortsgruppe Schenklengsfeld, deren Leiter er wurde (Mitglieds-
Nr. 11.869). Mit ihrer Hilfe wurde in Hersfeld am 1. Februar 1930 dann eine eigene Ortsgruppe gebildet. Einer der vielen „Vorläufer“ der Nationalsozialisten war der „Bund Oberland“.
Eine Ortsgruppe gab es bereits 1922 im „Landecker Land“ (Schenklengsfeld und Umgebung). Nach dem gescheiterten Hitlerputsch 1923 wurde sie verboten, aber unter anderem Namen neu gegründet (so auch als Schützen- und Wanderbund), aber mit denselben Inhalten.

1927 wurde Seidler SA-Sturmführer. Ab August 1930 war er landwirtschaftlicher Gaufachberater im Gau Kurhessen. Von 1933 bis 1945 war Seidler Landesbauernführer von Kurhessen und Mitglied des Reichsbauernrats, außerdem Gauamtsleiter des Amtes für Agrarpolitik im Gau Kurhessen der NSDAP. Mit der Reichstagswahl 1930 wurde Seidler der erste Reichstagsabgeordnete der NSDAP aus Kurhessen.

Die Herrenstraße (jetzt Landecker Straße) um 1930. Im Hintergrund die Mauritiuskirche, links die Gaststätte Wolf (jetzt Sparkasse). Vorne links ein Brückenbogen der alten Solzbrücke.

Man nannte sie „PIMPFE“ Das deutsche Jungvolk

Auch in Schenklengsfeld durfte ein Junge zwischen 10 und 14 Jahren im Deutschen Jungvolk (DJ) mitmachen. Das DJ war ein Unterorganisation der Hitlerjugend und ein Bruderorganisation des Jungmädels.
Das DJ hatte eine Uniform, die aus braunen Schuhen, grauen Strümpfen, kurzen schwarzen Hosen, einem braunen Hemd, einem braunen Halstuch, und einer Schnur über die Schulter bestand. Die Jungen wurden durch das DJ erzogen und für das Militär vorbereitet. Das geschah durch Vereinstreffen, Geländespiele, und Ausflüge.